Archiv für den Monat: Juni 2015

Ork Nr. 30: Stringenz der Ambivalenz der Konzeption der Legitimation

ork30SZ Nr. 139 20./21.6.15, münchenmusik S. 2

Vielleicht heißt es auch richtiger: Die Konzeption der Ambivalenz der Stringenz der Legitimation? Oder…oder…aber alles bedeutet das Gleiche, nämlich nichts Bestimmtes. Und natürlich strahlt auch die Insel im Chiemsee, die hier als Event Location beworben wird, ihre „besondere Magie“ aus, die aus einem 1130 gegründeten und ab 1803 in ein Bräuhaus samt Bierkeller umgenutzten, also „eineinhalb Jahrtausende überspannenden“ Chorherrenkloster, sodann einem nur bis zur Hälfte gebauten Rumpf – Versailles und schließlich der Redaktion des Grundgesetzes von 1949 im Thermomix zu purer Magie zusammengerührt ist.

Das m markiert noch mehr magische Momente: „Von fremdem Ländern“, „erfreuen sich großem Zuspruch“; eine studierte Germanistin wie Frau A. Spitznas-Bleichenwang hätte sich wohl insgeheim gefragt, ob nicht „erfreuen sich die Konzerte großen Zuspruchs“ noch einen Tick vornehmer klänge. Ach was, Fack ju Göhte.

Weiter unten, wo „des Königs Zauberflöte“ angepriesen wird, da kann eine bildungsbeflissene Leserschaft schon etwas Konkretes erfahren über „übliche Gepflogenheiten“ in früheren Jahrhunderten:

„In den Adelsfamilien gehörte es zu den bildungsbürgerlichen Ritualen, Klassiker der deutschsprachigen Bühne in aufwändigen Amateur-Aufführungen in Szene zu setzen. Auch Ludwig II. von Bayern stand in dieser Tradition aristokratischer Theaterleidenschaft.“

Ja richtig, hat nicht schon der erste Ludwig, unter großer Anteilnahme des Publikums, das Lust-Spiel „Der Prinz und die Tänzerin“ zur Aufführung gebracht und musste dabei nicht des Königs Zauberflöte manch feuriges Tänzchen durchstehen? Ludwigs II. Theaterleidenschaft konzentrierte sich zwar mehr auf das Schaffen Richard Wagners, aber zu einem eigenen Dramolett „Meine Cousine Sophie und ich nicht“ reichte es dann doch. Das Werk hat allerdings schon bei seiner ersten und einzigen Aufführung vielfach enttäuscht. Dafür wurde nach des Kini nassem Tod ein Stück im volksnahen Stil zum wahren Dauerbrenner. Es hieß „Der Jager-Poldi und das ewig‘ Leben“, stand doch sein Hauptdarsteller, der Prinzregent Luitpold, noch im stattlichen Alter von 91 Jahren mit Lodenumhang und Bockdoppelflinte auf der Bühne. Allerdings, so richtig bildungsbürgerlich waren alle drei Stücke nicht, doch schon eher aristokratisch.

Von seiner Theaterloge aus verabschiedet sich mit schönem Grüßem und einem beifälligen Blabla Quorx

Orks-Otto

P.S. Selbstverständlich ist auch hier „die Szenerie frei erfunden“, was immer das heißen mag.

Ork Nr. 29: Emporkömmling beim Hürdensprint

Ork29SZ Nr.125, 3./4.6.15, S. 55, 56.

Wenn ein Hürdenläufer eine Hürde reißt, zuckt vermutlich einiges durch seinen Kopf: Er weiß, dass sein Lauf ungültig ist und dass er jetzt irgendwie so aufkommen muss, dass er keine Bauchlandung hinlegt. Sowas sieht nur bei Onkel Donald lustig aus, wenn es den Armen wieder mal mit zugekniffenen Augen auf den Schnabel haut. Beim Sturz eines Hürdenläufers leiden die Zuschauer mit, manche schon beim Reißen der Hürde. Müssen wir auch mit der Stadt München mitleiden? Nach Dominik Hutter hat

„München bereits im Mai 2014 die 1,5-Millionen-Hürde gerissen.“

Das heißt wohl, die Stadt wäre beim Versuch gescheitert und hätte es erst ein Jahr später geschafft:

„Die magische Marke ist geknackt: Erstmals seit Gründung der Stadt leben mehr als 1,5 Millionen Menschen in München.“

Schlichte Gemüter fragen sich da erstens, was an der Zahl 1.500.000 so magisch ist und zweitens, ob Herr Hutter ihnen nicht stattdessen mitteilen wollte, dass Münchens wirkliche Einwohnerzahl schon 2014 die 1,5-Millionen-Marke übersprungen bzw. „geknackt“ hat. Dann allerdings wäre er über seine eigenen Worte gestolpert, was auch nicht eleganter aussieht als Donald Duck in Bauchlage.

Dem nämlichen Herrn Hutter verdanken wir auch einen tiefen Einblick in die Außenansicht Münchens, nämlich die

„Klischees vom agrarisch geprägten Emporkömmling“.

Grasten da einmal Ochsen rund um die Frauenkirche, rannten Schweinderl durch den Hofgarten, wurde auf dem Marienplatz duftendes Heu geerntet? Derlei agrarische Demonstrationen hätte einer wie der Kurfürst Maximilian I., der Erbauer der Residenz, sauber zu unterbinden gewusst, dass der jetzige Herr Innenminister nur so herschauen täte. Aber herzogliche Residenzstadt war München damals schon seit 350 Jahren – soviel zum „Emporkömmling“.

Ach, wie gut ist es zu wissen, dass nur ausgewiesene Stilisten, Geschichtskenner und Klischeeologen den Lokalteil der SZ  bestreiten, denn nur solche vermögen unsere Landeshauptstadt in das ihr gebührende Licht zu rücken. Und wenn das kein Münchner sagt, tut es halt ein Franke wie

Orks-Otto

Ork Nr. 28: Quillen, quall, gequollen

ork28SZ Nr. 125, 3./4.6.15, S.3

Es war einmal in einem Kaff in der Poebene die alte Lehrerin Cristina, die noch auf dem Sterbebett ihre ehemaligen Schüler ermahnte: „Die unregelmäßigen Zeitwörter, man kann sie nicht oft genug wiederholen.“ Hätte der rote Bürgermeister Peppone rechtzeitig auf sie gehört, hätte er seinen Erzrivalen Don Camillo nicht um Hilfe bei der Abfassung seiner Schriftsätze bitten müssen.

Warum hat nur der liebe Gott nicht die unbeugsame maestra Cristina zusammen mit dem Dienstmann Alois Hingerl aus dem Himmel nach München beordert? So wie der eine dort sein Nirwana im Maßkrug fand, hätte die andere mit strengen Blicken und scharfen Worten das schreibende Volk einer gewissen Münchner Gazette auf den mühsamen Pfad grammatikalischer Tugend getrieben. Aber ach, solche Wunder geschehen höchstens im Film. In der harten Wirklichkeit lesen sich die unregelmäßigen Zeitwörter zum Beispiel so:

„Tatsächlich quillen die Straßen und Plätze der barocken Altstadt über vor Menschen.“

Da können einer altgedienten Lehrkraft beim Lesen schon die Augen überquellen. Immerhin: Bis auf die Deutschverhauer (der hier ist nicht der einzige) hätte unsere Lehrkraft den quellfrischen Aufsatz von Birgit Schönau über das Turiner Umfeld von Juve wohl mit ’sehr gut‘ benotet.

Von seinem bescheidenen Arbeitsplatz im Großversandhaus Fehlerquelle meldet sich zurück
Orks-Otto

Apotheose in Weiß

Dolomiten Nr. 120, 28.5.15, S.39

Der Ritus der Familie Bockelmann lässt aber noch Verfeinerungen zu: Wenn zum Beispiel an jedem Todestag des Verblichenen drei in Weiß und Rosé gewandete Hohepriesterinnen der Volksmusik zu SEINEM Flügel-Altar schreiten und darauf einen blütenweißen Bademantel niederlegen, begleitet von den Klängen eines altehrwürdigen Andachtsjodlers aus den Marmorbrüchen Südtirols mit ihrem unnachahmlichen Echo.

In tiefer Bewegung
Orks-Otto