Archiv für den Monat: Juli 2015

Ork Nr. 33: Zeugen gesucht

ork33SZ Nr. 125, 3./4.6. 15, S.21,57

VOX OBULI VOX DEI: So steht es in goldenen Lettern auf dem silberglänzenden Ehrenschild von Sir Joseph Blatter, Hoch- und Großmeister des weltweit verbreiteten Order of the Bribish Empire (OBE). Auf deutsch bedeutet die Devise soviel wie ‚Die Stimme der Kleinspende ist Gottes Anruf‘.
Aber halt, werden jetzt die Lateiner protestieren: Erstens lautet der Spruch korrekt Vox populi vox Dei, ‚Volkes Stimme ist Gottes Stimme‘, und zweitens heißt es, lateinisch wie deutsch, obolus!
Aber was vermögen alle dahergeschleppten Wörterbücher gegen das Wort vertrauenswürdiger Zeugen wie

a) Herr Philipp Crone: „Viel trinken, hat der Arzt gesagt, gehört zwar ebenfalls mit einem ordentlichen Obulus in das Barphrasenschwein belegt“;

b) Herr/Frau/Firma TÖ: „Der zusätzliche Obulus fällt nach Angaben des WSI unterschiedlich aus“.

Sicher befinden sich im Dunstkreis der SZ noch weitere Zeugen, die im Streitfall Obulus vs. Obolus ihre Aussage zu Protokoll geben könnten. Sie werden hiermit aufgefordert, sich bei der Sprachkammer des Landgerichts Nürnberg I zu melden; dieses wird Volkes Stimme gebührend zu würdigen wissen. Und wer verbreitet Volkes Stimme unermüdlich landauf, landab? Richtig, die SZ.
Als kleines Dankeschön hat sich ihr rechtschreibendes Völkchen Eintrittskarten für die Carl-Orff-Festspiele verdient, und zwar zu der Neuproduktion von Astutuli, ‚Die Cleverle‘. Gerne würde dazu seinen Obolus beisteuern

Ihr ausnahmsweise spendenfreudiger
Orffs-Otto

Ork Nr. 32: Nimm 2, zahle 3 – faszinierende Welt der Zahlen

ork32SZ Nr. 125, 3./4.6. 15, S.7, 26; Beilage Plan W, 01/2015, S.4

Zahlen bestimmen unser Leben. Von den Milliardenbeträgen, die unsere Politiker in Berlin und anderswo in diversen Fässern ohne Boden versenken bis zu den Transfermillionen auf dem Gladiatorenmarkt, von den perversen Zahlen einer süßlich lächelnden Lottofee bis zur allmonatlichen Dekarbonisierung auf unserem Bankkonto, die nur durch eine frische Ladung Kohle gestoppt werden kann.
Da ist es beruhigend zu wissen, dass auch im Reich der Zahlen die Süddeutsche mutig und entschlossen vorangeht und ihren Lesern neue Wege durch das Labyrinth der Arithmetik aufzeigt.

Yannis in der Unterwelt

„Am Dienstagvormittag…twitterte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis ein Gespräch, das er schon im Juni 2000 mit dem gerade verstorbenen Spieltheoretiker John Nash Jr. geführt hatte.“

Seit jenem denkwürdigen Millenniumsdisput mit dem frisch zugezogenen Hadesbewohner Nash soll Mister Varoufakis von dem Thema „Ideal Money“ nie mehr ganz losgekommen sein. Dabei ist die Lösung des Problems so klar wie einfach:
1. Alles für alle.
2. Zusätzlich 2000 Euro Sofortrente für alle EU-Parlamentsmitglieder.

Da raucht der Rechner

„Rein rechnerisch entstehen in Berlin täglich zwei Start-ups.“

Rauchzeichen aus dem Grabhügel?

Wenn Madame George Sand, die eigentlich Aurore Dudevant, née Dupin hieß, nicht gerade Hosenanzüge wechselte, Zigarren einkaufte oder ihren kränklichen Lover Frédéric Chopin betüttelte, schrieb sie fleißig Romane, so fleißig, dass böse (Männer-) Zungen sie als „vache à romans“ verspotteten. Das alles und noch viel mehr tat sie bis 1876. Dann nahm der Schwarze Engel ihr die letzte Havanna ganz sacht aus den Fingern. Bis dahin war also quasi sozusagen ziemlich genau „Ende des 19. Jahrhunderts.“

Mit algorithmisch – fiskalanarchischer Leidenschaft knobelt über seinem Rechenheft
Orks-Otto

Ork Nr. 31: Der Gar ist aus

ork31SZ Nr. 144, 26.6.15, S.22

Das in Verruf geratene Ackergift Glyphosat wird, so weiß es die SZ, leider oft eingesetzt, um

„lästigen Pflanzen den Gar auszumachen.“

Der Gar ist also eine Art Lebenssaft, der den Unkräutern abgedreht wird, oder auch ihr astrales Lebenslicht, das mittels Glyphosat schnöde ausgemacht wird. Das Wort ist heute eher selten anzutreffen; nur die asiatische Garküche erinnert noch an frühere Garzeiten. Und zwei entfernte Verwandte des Gars sind in Christian Morgensterns Gingganz zuhause:

„Golch und Flubis, das sind zwei
Gaukler aus der Titanei,
Die mir einst in einer Nacht
Zri, die große Zra, vermacht.“

Neben und unter unserem Gar als vegetativem Vitalprinzip hat Silvia Liebrich als Herausforderung für die Leser noch 11 (elf) kleine und größere ‚Besonderheiten‘ und Ungereimtheiten in ihrem Text versteckt, die der Orkjäger als nicht abschusswürdig übergeht. Aber der neue Lesertyp, den die SZ per Großanzeige sucht, wird es sich nicht nehmen lassen, das dreckige Dutzend ans Licht zu zerren.

Hat hier Frau Liebrich sich den Liedermacher Hans Söllner zum Vorbild genommen? Der würde ihr jedenfalls den Genuss von glyphosatfrei angebautem Bio-Gras empfehlen: „Es öffnet was in meinem Kopf, wenn ich abends vor meinem Haus sitze und rauche. Ich bin kreativ, ich habe Ideen, ich schreibe“ (SZ Nr. 144, S.44). Falls sie aber von einem Besuch im Kiffhäuser absehen möchte, so könnte sie doch versuchen, mit einem großzügigen Trank- und Speiseopfer das Erbarmen Nabûs, des altbabylonischen Schutzgottes der Schreiber und Gelehrten, auf sich herabzurufen.

In Vertretung der Gottheit nähme es gar huldvoll entgegen
Orks-Otto