Ork Nr. 29: Emporkömmling beim Hürdensprint

Ork29SZ Nr.125, 3./4.6.15, S. 55, 56.

Wenn ein Hürdenläufer eine Hürde reißt, zuckt vermutlich einiges durch seinen Kopf: Er weiß, dass sein Lauf ungültig ist und dass er jetzt irgendwie so aufkommen muss, dass er keine Bauchlandung hinlegt. Sowas sieht nur bei Onkel Donald lustig aus, wenn es den Armen wieder mal mit zugekniffenen Augen auf den Schnabel haut. Beim Sturz eines Hürdenläufers leiden die Zuschauer mit, manche schon beim Reißen der Hürde. Müssen wir auch mit der Stadt München mitleiden? Nach Dominik Hutter hat

„München bereits im Mai 2014 die 1,5-Millionen-Hürde gerissen.“

Das heißt wohl, die Stadt wäre beim Versuch gescheitert und hätte es erst ein Jahr später geschafft:

„Die magische Marke ist geknackt: Erstmals seit Gründung der Stadt leben mehr als 1,5 Millionen Menschen in München.“

Schlichte Gemüter fragen sich da erstens, was an der Zahl 1.500.000 so magisch ist und zweitens, ob Herr Hutter ihnen nicht stattdessen mitteilen wollte, dass Münchens wirkliche Einwohnerzahl schon 2014 die 1,5-Millionen-Marke übersprungen bzw. „geknackt“ hat. Dann allerdings wäre er über seine eigenen Worte gestolpert, was auch nicht eleganter aussieht als Donald Duck in Bauchlage.

Dem nämlichen Herrn Hutter verdanken wir auch einen tiefen Einblick in die Außenansicht Münchens, nämlich die

„Klischees vom agrarisch geprägten Emporkömmling“.

Grasten da einmal Ochsen rund um die Frauenkirche, rannten Schweinderl durch den Hofgarten, wurde auf dem Marienplatz duftendes Heu geerntet? Derlei agrarische Demonstrationen hätte einer wie der Kurfürst Maximilian I., der Erbauer der Residenz, sauber zu unterbinden gewusst, dass der jetzige Herr Innenminister nur so herschauen täte. Aber herzogliche Residenzstadt war München damals schon seit 350 Jahren – soviel zum „Emporkömmling“.

Ach, wie gut ist es zu wissen, dass nur ausgewiesene Stilisten, Geschichtskenner und Klischeeologen den Lokalteil der SZ  bestreiten, denn nur solche vermögen unsere Landeshauptstadt in das ihr gebührende Licht zu rücken. Und wenn das kein Münchner sagt, tut es halt ein Franke wie

Orks-Otto