Ork Nr. 10: Hängepartie

ork10SZ Nr. 1, 2.1.15, S.11

In der Frühzeit der Bundesrepublik liebten die Menschen einen ziemlich schnulzigen Schlager, der mit den Worten begann „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“. Wir Buben machten daraus zum Spott „Es hängt ein Pferd zur Hälfte an der Wand“ und lachten dabei. Wir ahnten nicht, dass es eines Tages noch dicker kommen würde:

„Gleichzeitig denkt man unwillkürlich an die Erläuterungen zum Pferdemaler George Stubbs, der die Objekte, die er malte, gehäutet an einem großen Fleischerhaken an die Decke hing, um sie in Ruhe zu studieren.“

Was für ein Anblick! Da liegt ein totes Pferd am Boden, das sich soeben noch rasch gehäutet hat. Davor steht ein Mann, zu dem Arnold Schwarzenegger und Bud Spencer aufblicken würden wie kleine Schulbuben zum Dorfschmied. Der Hüne steckt einen XXL-Fleischerhaken durch den Pferdehals und hangt den mächtigen Kadaver wie einen Kronleuchter an der ächzenden Decke seines Ateliers. Dann lässt er sich auf einem gleichfalls ächzenden Stuhl nieder, um in Ruhe das Objekt seiner malerischen Begierde zu studieren.

Sie meinen, das sei ja wirklich ganz malerisch, aber es müsse heißen hängt, nicht hangt, und an die Decke, statt an der Decke? Und vielleicht hieße die Vergangenheitsform auch er hingte, oder er hängte, so was in der Art? Kann schon sein, aber wie schon Goethe warnte: „Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen.“

Und so beginnt denn das neue Jahr standesgemäß mit Goethe und einem Hangover.

Ihr allzeit anhänglicher
Orks-Otto